Zum Tod von P. Hagen Müllers
Er war ein stiller Mann – kein Lautsprecher, kein Eiferer, sondern einer, der die Welt verstand, indem er sie geduldig berührte.
Sein Name: Pater Hagen Müllers.
Sein Leben: eine Linie zwischen Himmel und Erde, gezogen in klarer Schrift.
Geboren 1939 in Frankfurt-Höchst, in den Schatten des Schlosses und das Licht des Maines, wuchs er auf mit den Geschichten der Nibelungen und der Psalmen, mit dem Klang des Lateinischen und dem Duft von frisch gebügeltem Leinen. Früh war in ihm etwas, das nach Stille suchte – und zugleich nach Sinn.
Er trat ein in die Gemeinschaft der Claretiner, um nicht etwas zu tun, sondern jemand zu sein – ein Mensch, der Gott zur Sprache bringt, wo die Welt nur Rauschen hört.
Sein Weg führte ihn nach Afrika, in den Kongo, wo die Erde rot ist und der Himmel groß.
Dort, in Kingandu, wurde er Bauer, Lehrer, Maurer, Arzt und Priester in einer Person.
Er baute Brücken aus Holz und Brücken aus Vertrauen, pflanzte Felder und Hoffnungen, heilte Wunden und Herzen.
Er sprach das Evangelium in Kikongo, damit das Wort Heimat findet im Mund der Menschen.
Er verstand: Wer helfen will, muss zuerst zuhören.
Drei Jahrzehnte blieb er dort – eine ganze Lebenszeit.
Und als er zurückkehrte nach Deutschland, trug er Afrika in den Augen: die Geduld der Erde, das Lachen der Kinder, das Wissen, dass Gott barfuß geht.
In St. Wendel fand er seinen zweiten Kontinent: die Stadt, die Menschen, das tägliche Evangelium zwischen Glockenläuten und Krankenhäusern.
Er sprach leise, arbeitete unermüdlich, glaubte an das Kleine, das Großes trägt.
Sein Büro war voller Fotos, Notizen, Mozart.
Er besuchte die, die vergessen waren, und ließ die Kinder glauben, dass Gott sie persönlich kenne.
Er war kein Mann der Pose, sondern der Treue.
Wenn er sagte: „Tiefer als in die Hände Gottes fällt niemand“, dann war das keine Floskel, sondern Erfahrung.
Er hatte sie gesehen – die Hände, die tragen, auch wenn die Kraft versiegt.
Pater Hagen Müllers war einer jener seltenen Menschen, die nicht glänzen, sondern leuchten.
Die nicht fordern, sondern erinnern.
Er war Brückenbauer zwischen Kontinenten, Zeiten, Sprachen – zwischen Glauben und Vernunft, zwischen Himmel und Staub.
Heute bleibt von ihm das, was immer bleibt: eine Spur.
Kein Denkmal aus Stein, sondern aus Vertrauen.
Eine Spur, die uns lehrt, dass das Evangelium nicht nur gesprochen, sondern gelebt werden muss – in Schweiß, Geduld und Lächeln.
Möge er nun im Licht ruhen, das keinen Abend kennt.
Und möge sein Wort weitergehen – wie ein Same, der fällt, um Frucht zu werden:
„Niemand fällt tiefer als in Gottes Hände.“
P. Gaby Geagea
