Erklärung der Pfarrei Sankt Bonifatius
zum Terroranschlag am 07.10.2023
und zum Antisemitismus in unserem Land
Mit Entsetzen und Abscheu haben wir die Nachrichten über das Massaker an über 1400 jüdischen Mitmenschen am 7. Oktober 2023 zur Kenntnis genommen. Ein solcher Terrorangriff, bei dem unschuldige Menschen jeden Alters – unter ihnen Kinder und Babys – auf bestialische Weise ermordet, zahllose Frauen vergewaltigt und über 260 Menschen verschleppt wurden, ist durch nichts zu rechtfertigen. Die alleinige Verantwortung für dieses unfassbare Verbrechen trägt die Hamas – eine Terrororganisation, deren erklärtes Ziel die Auslöschung aller Menschen jüdischen Glaubens ist. An keinem Tag seit dem Holocaust wurden so viele Juden ermordet. Unter den Folgen des Terrors der Hamas leiden nun auch zahlreiche Menschen im Gazasteifen. Die Hamas nimmt ihr eigenes Volk in Geiselhaft.
Fassungslos blicken wir auf manche Reaktionen auf den Anschlag in Israel. Statt sich nach einem solchen Angriff schützend vor jüdische Menschen zu stellen, werden sie nun überall in der Welt bedroht und angegriffen. Der feige Massenmord wurde von manchen Organisationen in Deutschland geradezu ausgelassen gefeiert. 85 Jahre nach der Massenvernichtung durch die Nazis leben Menschen jüdischen Glaubens an vielen Orten in unserem Land wieder in Angst: Eltern trauen sich nicht, ihre Kinder zur Kita zu bringen; Jugendliche verstecken ihre Kippa auf dem Schulweg; ältere Juden haben Angst, auf die Straße zu gehen. Auf propalästinensischen Demonstrationen wird die Auslöschung Israels gefordert. All dies erfüllt uns mit Scham und Zorn.
Nie wieder ist jetzt! In Deutschland tragen wir eine besondere Verantwortung dafür, dass jüdische Menschen vor jede Art von Bedrohung und Gewalt geschützt werden. Als Christen in der Pfarrei Sankt Bonifatius treten wir klar gegen jede Form von Antisemitismus in unserem Land und überall auf der Welt ein. Durch die Solidaritätsbanner, die nun an den Kirchen unserer Pfarrei hängen, wollen wir dies öffentlich zum Ausdruck bringen.
Für uns Christen hat das Eintreten für unsere jüdischen Mitbürger auch eine religiöse Dimension: Das Alte Testament erzählt uns die Geschichte, in der Gott sich ein eigenes Volk erwählt hat: „Ihr werdet mein Volk sein, und ich werde euer Gott sein.“ (Jer 24,7) Diesem Volk verheißt der Herr Frieden, Zukunft und Hoffnung. Wir ehren das jüdische Volk als unsere älteren Geschwister im Glauben an den einen Gott, als „das Volk, zu dem Gott zuerst gesprochen hat“ (Fürbitte am Karfreitag). Unser christlicher Glaube ist mit dem jüdischen Glauben untrennbar verbunden. Wir stehen daher solidarisch zu unseren jüdischen Geschwistern und möchten ihnen unsere uneingeschränkte Unterstützung zusagen. Im Gebet denken wir an die Opfer der Anschläge in Israel, besonders an die vielen Familien, die sich um ihre entführten Angehörigen Sorgen machen. Unsere Solidarität und die Bereitschaft zur Unterstützung haben wir dem Vorstand der jüdischen Gemeinde in Frankfurt übermittelt. Überdies hat der Pfarrgemeinderat beschlossen, sich der Erklärung des Frankfurter „Rats der Religionen“ vom 11.10.2023 zum Terroranschlag anzuschließen.
„Ich, der HERR, habe Frieden für euch im Sinn und will euch aus dem Leid befreien.“ (Jer 29,11) Diese Zusage Gottes wollen wir auf alle Menschen im Heiligen Land beziehen. Wir beten daher für die Opfer von Gewalt und Krieg unter Juden und Palästinensern und für den Frieden im ganzen Heiligen Land.
Jutta-Maria Nieswand
Vorsitzende des Pfarrgemeinderats
Dr. Werner Otto
Pfarrer